Doris Ambrosius | Schleibote vom 22.5.2021

Auch wenn Corona alles zeitlich nach hinten schob, so sind sie nun komplett ausgebildet und vor Kurzem ihre Urkunden überreicht bekommen: Die neuen Konfliktlotsen (Kolos) der Gorch-Fock-Schule in Kappeln. Alle Schüler der dritten Klasse, die sich für diese AG angemeldet hatten sind stolz darauf, dass sie so viel lernen durften und nun in Zukunft kompetent bei Streitereien schlichten können.

Alle Kinder sind im Alter von acht bis zehn Jahren und möchten helfen. „Die Treffen machten sehr viel Spaß, und nun habe ich mehr Wissen darüber, wie ich helfen kann“, erläutert Jale (9). Und Lönne (9) findet es doof, wenn ein Streit ungeklärt bleibt. Joni (9) hatte sich eigentlich bei der Fussball-AG angemeldet, doch die fiel wegen Corona aus. „Jale brachte mich dann zu den Kolos, und mir gefiel es gleich richtig gut“, erklärt sie.

Auch in der Außenstelle der Gorch-Fock-Schule in Habertwedt gibt es fünf neue Kolos: Emma Wichmann (10) ist dabei. Sie sagt:„Ich hasse es, wenn andere Kinder sich streiten, und es macht mich traurig, wenn ich einen Streit mitkriege. Ich kenne das von meiner Schwester ganz gut.“ Mia Boysen (10) findet es toll, anderen Kindern helfen zu können und auch Aylin Michelsen (10) möchte beim Streitschlichten helfen. Der neunjährige Nico Raszpir berichtet: „Ich finde Streite blöd, und so kann ich vielleicht auch meiner Schwester helfen“, und Oke Mayer (9) erklärt sein Interesse an den Konfliktlotsen so; „Ich wollte nicht, dass es so viele ungeklärte Streite an der Schule gibt.“

Ausbildungsleiter Harald Prahs, von den Kindern liebevoll „Harry“ genannt, erklärt, dass es eine andere Art des Schlichtens sei, wenn die Kinder es selbst und auf Augenhöhe machen. „Mit der Ausbildung bekommen sie Struktur und Werkzeug, wie sie vorgehen können, wenn der andere damit einverstanden ist.“ Wenn das nicht möglich sei, greifen natürlich die Erwachsenen ein, fügt er hinzu. Unterstützt wird er von Lehrerin Nicole Hansen.

Es gibt viele Konflikte im Kleinen wie im Großen, erzählen die Kinder. Richtig blöd sei es, wenn es zum „Hauen“ kommt. Noah erzählt eine selbst erlebte Geschichte: „Ein Schulkamerad trat mir mit Absicht auf meine ganz neuen und sauberen Schuhe. So wurden sie so dreckig wie seine.“ Noahs Antwort war, es ihm gleich zu tun, und auch auf seine Schuhe zu treten. So begann die Rangelei.

Als Konfliktlotse löst man so einen Konflikt anders: Nachdem jeder einzeln seine Sichtweise erklären darf, fasst der Kolo das Gehörte kurz zusammen. Dann fragt er jeden, wie er sich fühlte und was er sich vom anderen wünsche. Wenn beide bereit sind, den Konflikt zu klären, wird eine Lösung gesucht und besprochen. Ein schriftlicher Vertrag über die Bereitschaft mitzuarbeiten, ist genauso möglich wie ein zweites Treffen, falls das gewünscht wird.

Es gibt einen extra Raum für Kolo-Gespräche. Der Lotse ist ausgestattet mit einem extra angefertigten T-Shirt und einer blaue Weste, damit er auch erkannt wird. Die Ausbildung dauert unter normalen Umständen ein halbes Jahr und macht nicht nur den Kindern Freude. „Sie erhöht auch deutlich die Motivation der Lehrer“, so Prahs. Am besten gefallen haben den meisten die Rollenspiele. „Denn im Spaß zu streiten, das macht schon wieder Spaß“, berichtet der Ausbilder.

Foto oben: Harald Prahs und Nicole Hansen mit den neuen Konfliktlotsen. Doris Ambrosius