Die Gorch-Fock-Schule ist für den Landespreis nominiert – und bekam gestern Jury-Besuch
Aus dem Schleibooten vom 10. März 2020 | Von Rebecca Nordmann, Kappeln

Ja, eine gewisse Nervosität ist nicht zu verleugnen. Aber auch verständlich. Immerhin steht der Gorch-Fock-Schule Großes bevor. Gestern Morgen pünktlich um 7.30 Uhr stehen fünf Menschen vor der Tür. Desiree Burba (Bildungsministerium), Michaela Köller (Universität Kiel), Volker Masuhr (Waldschule Flensburg), Kirsten Schneider (Landeselternbeirat) und Stefan Ziervogel (Astrid-Lindgren-Schule Büdelsdorf) sind zu Besuch, um die Gorch-Fock-Schule unter die Lupe zu nehmen. Zusammen stellt das Quintett die Jury, die über die Vergabe der Auszeichnung „Schule des Jahres Schleswig-Holstein“ entscheidet. Die Kappelner Grundschule hatte sich für den Preis, der seit 2014 zum dritten Mal vergeben wird und mit dem Schulen ausgezeichnet werden, „die Maßstäbe für eine erfolgreiche Schulpraxis setzen und besondere Impulse für die Schulentwicklung geben“, beworben. In diesem Jahr dreht sich alles um den Schwerpunkt „Demokratiebildung in Schule und Unterricht“.

Michaela Köller beschreibt den Anspruch, den die Jury an die Nominierten hat. „Es geht darum, welche Möglichkeiten sich den Schülern bieten, ihre Schule aktiv mitzugestalten.“ Und zwar auf unterschiedlichen Ebenen – im Unterricht, in der Zusammenarbeit mit Lehrern, in der Auseinandersetzung mit anderen Meinungen. Um das beurteilen zu können, ist die Jury hier. Sie will einen Eindruck vom Schulalltag gewinnen, der gestern mit der monatlichen Vollversammlung in der Pausenhalle beginnt. Schulleiterin Wiebke Christiansen-Hansen begrüßt neue Schüler, die Geburtstagskinder der jüngeren Vergangenheit erhalten ein Ständchen, die Handballerinnen, die demnächst erstmals am Landesentscheid teilnehmen dürfen, bekommen ihren verdienten Applaus, gleiches zwei Drittklässlerinnen, die kürzlich den ersten Platz in der Mathe-Olympiade auf Landesebene geholt haben. Und dann treten Carlotta und Leon auf. Die beiden Viertklässler gehören zur Schülervertretung und stellen das Monatsmotto „Wir machen uns Komplimente“ vor, sie ziehen Bilanz, was seit der jüngsten Vollversammlung passiert ist und äußern ihre Wünsche für die Zukunft. Carlotta schlägt einen Malwettbewerb und eine Eiersuche zu Ostern vor, Leon bittet darum, die Spiegel über den Waschbecken niedriger zu hängen.

Jurorin Michaela Köller wird im Laufe des Vormittags sagen, dass es genau darum geht. „Die Interessen von Kindern zählen“, betont sie. „Sie werden gehört, sie können kämpfen und erfahren, dass auch Einzelmeinungen wertvoll sind.“ Und wenn das eine Schule vermittelt, ist das nichts Geringeres als grundlegendes Demokratieverständnis. Das findet auch Stefan Ziervogel. „Demokratie ist kein Selbstgänger, gerade in heutigen Zeiten ist das aktuell. Und ob wir in Kitas oder Grundschulen sind, ist zweitrangig. Überall kann man Grundlagen dafür schaffen.“

Den Vormittag verbringt die Jury in Ellenberg und Habertwedt, sie lauscht im Unterricht, frühstückt mit den Kindern, spricht mit dem Schulelternbeirat und der Schülervertretung. Und sie lernt das Konzept der Gorch-Fock-Schule kennen. So übernehmen die Kinder Ämter, wie den Obstdienst (morgens Obstkiste besorgen), den Austeildienst (unaufgefordert Aufgabenzettel verteilen), Blumendienst (Blumen gießen). Sie leiten abwechselnd den klasseninternen Morgenkreis, rufen sich gegenseitig auf und erteilen sich das Wort.

Nachmittags gegen 16 Uhr packt die Jury ihre Unterlagen zusammen. Zu viel verraten wird noch nicht, die Entscheidung, welche drei der zwölf nominierten Schulen auf dem Podest landen, fällt erst in ein paar Monaten. So viel aber doch: „Extrem gut hat uns die warmherzige Atmosphäre im Kollegium und unter den Kindern gefallen“, sagt Stefan Ziervogel. „Der respektvolle Umgang aller Beteiligten, egal ob pädagogisches und nichtpädagogisches Personal.“ Und konkret zur Demokratiebildung? „Kinder werden hier eingebunden in vielfältige Aufgaben“, sagt Ziervogel. „Sie erleben so ihre Selbstwirksamkeit. Das ist wichtig fürs Erwachsenwerden.“

Egal, wie die Sache ausgeht – eines weiß Wiebke Christiansen-Hansen jetzt schon: „Auch wir haben viel gelernt durch diesen Wettbewerb.“ Das eigene Wirken zu reflektieren, Modelle zu hinterfragen, der Vielfalt der Kinder gerecht zu werden – nicht schlecht für eine der zwölf „Schulen des Jahres“.


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